Wirtschaftskammerwahl: 3,4 Milliarden Euro für Postwurfsendungen!
5. Juli 2011 | Von Michael Schiebel | Kategorie: salamiNEWSWien – Die wichtigste Wahl des Jahres ist geschlagen. Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit waren Österreichs Unternehmerinnen und Unternehmer aufgefordert, ihre Standesvertretung zu wählen. Dabei war der Werbeaufwand im Vorfeld ein beträchtlicher. Über Wochen hinweg wurden von den wahlwerbenden Gruppierungen Zeitschriften, Folder und sonstige Postwurfsendungen im Gesamtwert von ca. 3,4 Milliarden Euro versandt. Die Österreichische Post AG freut sich über ein Geschäft, das Weihnachten und herkömmliche Wahlen bei weitem in den Schatten stellt, so ein Insider.
„Mir ham sich heuer ordentlich ins Zeug glegt“, bestätigt ein Wiener Wirtschaftsbund-Funktionär, denn immerhin gehe es um rund „10.000 Amterln“. „Wenn die Blauen oder die Roten was los gschickt ham, dann is unser Folder schon da gwesen – die reine Daunfors“, so der Standesvertreter. Täglich habe man die etwa 400.000 österreichischen Unternehmen mit wertvollen Entscheidungshilfen für die Wahl versorgt. Ersten Schätzungen zufolge sollen dabei rund 3,4 Milliarden Euro – finanziert aus den Kammerumlagen – ausgegeben worden sein. Angesprochen auf die verhältnismäßig hohe Summe räumen Kammervertreter ein, dass es schon ein Vorteil sei, dass die Kammerbeiträge gesetzlich vorgeschrieben seien. Man wolle das zwangsweise eingehobene Geld schließlich wieder in den Wirtschaftskreislauf rückführen, heißt es in der Zentrale der WKO in der Wiedner Hauptstraße.
Auch auf die Wahlbeteiligung von fast zehn Prozent sei man stolz. Das untermauere den Vertretungsanspruch der Wirtschaftskammer als Sprecherin der österreichischen Wirtschaft auf eindrucksvolle Weise. „Auf diesem Vertrauensvorschuss lässt sich aufbauen“, erklärt Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und führt diesen auf die kantige Interessenspolitik der letzten Jahre zurück. Er nehme das Ergebnis nun als Auftrag, „weiterhin als flammendes Schwert der österreichischen Innenpolitik das Establishment aufzumischen“ und hoffe auf ein Ministeramt nach den nächsten Nationalratswahlen. Das Ergebnis stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest, da insbesondere die Wahlkarten noch ausgezählt werden müssen. Leitl selbst indessen gab sich siegessicher und kündigte an, am Nachmittag vor dem Spiegel noch an seinem Siegerlächeln feilen zu wollen.
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Originally posted 2010-03-03 13:57:44.