Verarmte Bankster und Finanzberater überschwemmen Schnorrer- und Hütchenspielermarkt in Wien!
1. Juli 2012 | Von Niko Formanek | Kategorie: ChronikWien – Die Konsequenzen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise werden auch im alltäglichen Leben immer mehr spürbar. Wiens U-Bahn Stationen und -züge werden derzeit von hunderten verarmten Bankstern und Finanzberatern überschwemmt, die aggressiv versuchen Asylwerber, reguläre Sandler, Augustin-Verkäufer und rumänische Hütchenspieler vom Schnorrer-Markt zu verdrängen. Die Spannungen zwischen den sozialen Randgruppen steigen und auch die Bevölkerung fühlt sich von den Schnorrern belästigt.
„Gestern hat mich ein Mann im Armani-Anzug und mit Tommy Hilfiger-Brille in der U-Bahn-Station Josefstätder Straße richtiggehend verfolgt,“ erzählt Josefa Berger, eine 56-jährige Pensionistin aus Wien Josefstadt. „Zuerst hat er ganz leise geredet und was von Immofinanz-Derivaten gesagt, die er mir für einen Euro andrehen wollte. Als ich im dann gesagt habe, dass ich doch nicht blöd bin, denn nix was mit Immo zu tun hat ist im Moment einen Euro wert, ist er ganz aggressiv geworden und hat mich versucht mit zusammengerollten Meinl-Euopean-Land-Papieren zu schlagen.“ Als ein Mitarbeiter der Wiener Linien zu einem Kontrollgang erschien, ergriff der Mann die Flucht. „Wir haben ihn dann noch bis zur Thalia-Straße gehört, weil der so Metallabsätze auf seinen Schuhen gehabt hat,“ergänzte ein Sprecher der Wiener Linien.
Aber auch rumänische Hütchenspieler fühlen sich von den neuen Konkurrenten in ihrer Existenz bedroht. „Is schwer. Gauner schön angezogen und Power-Point-Präsentation auf Notebook. Nix nur Hütchen,“ beschwert sich I.K., professioneller Hütchenspieler aus Rumänien. „Bankmann besser Gauner als wir. Geld bei Put-Options, Leerverkauf und Zertifikate schneller weg, als bei Hütchenspiel. Nächste mal ich hauen Finanzler auf Gosch`n und schieben Papiere in sein Arsch.“
Auch die gestrandeten Bankster und Finanzberater spüren, dass ihnen in Wiens U-Bahnstationen ein immer rauerer Wind entgegen bläst. „Es ist halt schwer, wenn eine Ausgustin-Ausgabe vom reinen Papier- und Materialwert mehr wert ist als eine AUA- oder Telekom-Aktie,“ erklärt Josef Ernsttreu, bis vor kurzem Chefanalyst von Lehmann Brothers Deutschland. „Man muss halt wirklich flexibel sein. Ich selbst habe meine Bang & Olufson HiFi-Anlage auf einen Scooter geschnallt und versuche jetzt auch ein paar Euro mit der Ziehharmonika in der U-Bahn zu verdienen. Aber da ist die Konkurrenz auch sehr hart und groß.“
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Originally posted 2008-12-04 00:05:42.