Faymann im Interview: Wer, glauben Sie, soll das bezahlen?

31. Dezember 2012 | Von | Kategorie: Politik

Loipersdorf – Das Budget 2011 steht zwar verfassungswidrig spät (Stichwort Wahlen in Wien und der Steiermark), aber es steht. Die Bundesregierung einigte sich bei ihrer Klausur in der steirischen Therme Bad Loipersdorf zwischen Wellness-Massagen und Saunaaufgüssen auch auf einen  rigorosen Spar- bzw. Einnahmenkurs für den österreichischen Staatshaushalt. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) stand salamiNEWS im Exklusivinterview Rede und Antwort.

salamiNEWS: Herr Bundeskanzler, eines vorweg – das eben geschnürte Budget belastet vor allem Familien mit Kindern. Die Pensionistenvertreter Kohl (ÖVP) und Blecha (SPÖ) hatten während der Klausur einen Termin in Bad Loipersdorf, was sich für die Rentner ausgezahlt haben dürfte. Wer hat eigentliche die Familien vertreten?

Faymann: Schauen Sie, wir haben ja in der Regierung einen Familienminister, aber keinen Pensionistenminister. Die Familien hat also der Mitterlehner vertreten. Und dem war des wurscht.

salamiNEWS: Ja, weil er als Wirtschaftsminister und ehemaliger Wirtschaftkämmerer in erster Linie die Interessen der Wirtschaft vertritt?

Faymann: Hab ich nix bemerkt. Jetzt wo Sie´s sagen, war der überhaupt da? Jedenfalls so kann man des nicht sagen.

salamiNEWS: Gehen wir zu den Details: Über 1,2 Milliarden neuer Steuern, stehen etwa einer halben Milliarde Einsparungen gegenüber. Glauben Sie wirklich, dass in Bund und Ländern nicht mehr Einsparungspotenzial schlummert? Sie geben ja schließlich das hart erarbeitete Geld der Steuerzahler aus?

Faymann: Ich weiß genau worauf Sie hinaus wollen. Ständig wollt Ihr Journalisten, dass wir eine Verwaltungsreform durchführen, das Gesundheitswesen effektiver organisieren, Privilegien abbauen und so. Das würde aber alles zu Lasten der Kaufkraft gehen.

salamiNEWS: Aber dann bliebe doch die gleiche Kaufkraft bei den Steuerzahlern. Sie verteilen das Geld doch nur in die Bürokratie um?

Faymann: So einfach dürfen Sie sich das nicht machen. Außerdem, fragen Sie doch solche spitzfindigen Sachen den Pröll, der ist Finanzminister.

salamiNEWS: Ja, aber Sie sind der Chef?

Faymann: Ich habe immer gesagt, dass ich als Bundeskanzler der Chef bin und daher die Verantwortung übernehme. Aber ich kann nur so weit gehen, wie der Koalitionspartner den Weg mitgeht.

salamiNEWS: Also Stillstand und gegenseitige Blockade in der großen Koalition?

Faymann: So dürfen Sie das jetzt nicht sagen. Natürlich ist eine Koalition niemals eine Liebesheirat. Aber ich habe immer gesagt, dass wir – äh… nächste Frage bitte.

salamiNEWS: Zurück zum Inhaltlichen, Sie sparen keinen einzigen Verwaltungseuro durch irgendeine strukturelle Reform ein. Dafür streichen Sie 380 Millionen bei den Familien und 12 Millionen bei den Neo-Pensionisten. Das war´s im Wesentlichen. Ist das nicht eine politische Kapitulation?

Faymann: Und was ist mit der neu geschaffenen Bankenabgabe? Das sind immerhin 500 Millionen…

salamiNEWS: Ja neue Einnahmen, die letztlich der Konsument zu zahlen hat.

Faymann: Und über 400 Millionen Erhöhung der Mineralölsteuer?

salamiNEWS: Auch neue Einnahmen.

Faymann: Wer, glauben Sie, wird das alles bezahlen? Äh, nein – das müssen ja Sie fragen! Wenn ich mit Ihnen so red´, dann gfallt mir unser Budget schon selbst fast nicht mehr. Also lass ma des jetzt lieber.

salamiNEWS: Herr Bundeskanzler, vielen Dank für das Gespräch.

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Originally posted 2010-10-25 11:04:19.

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