Lehrer-Gewerkschafter Neugebauer: 22 Unterrichtsstunden pro Woche wird´s nicht spielen!
18. Oktober 2012 | Von red | Kategorie: Exklusivinterviews , PolitikWien – Nach Abschluss der Budgetverhandlungen zwischen Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) und Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) für das Unterrichtsressort, lässt diese mit einer für Österreich unerhöhrten Idee aufhorchen. Ab dem nächsten Semester sollen die Lehrer 10% von ihrer Arbeitszeit mehr in der Klasse verbringen – also 22 von 40 Wochenstunden. Das entspreche internationalen Standards und helfe, die Schulreform, insbesondere die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, trotz knapper Mittel weiter voran zu treiben. Aus der Gewerkschaft kam aber prompt ein „Njet”. Eine für salamiNEWS exklusiv durchgeführte Blitzumfrage hat ergeben, dass die meisten Menschen glauben, nur deswegen so irrsinnig faul zu sein, weil sie in einer für die Prägung entscheidenden Phase ihres Lebens zu vielen Lehrern bei der Arbeit zusehen mussten. salamiNEWS geht der Sache im Exklusivinterview mit dem 2. Präsidenten des Nationalrats, Beamten-Gewerkschaftsboss Fritz Neugebauer (ÖVP) auf den Grund.
salamiNEWS: Herr Präsident Neugebauer, Unterrichtsministerin Claudia Schmied hat angekündigt, dass alle Lehrer in Österreich ab dem nächsten Semester 10% mehr ihrer Arbeitszeit im Klassenzimmer verbringen sollen, damit die Schulreform, insbesondere die Reduktion der Klassenschülerhöchstzahlen, trotz globaler Wirtschaftskrise und angespannter Budgetsituation weiter voran getrieben werden kann. Was halten Sie als oberster Beamtengewerkschafter davon?
Neugebauer: Nix! Es kommt nicht in Frage, dass die Lehrer zwei Stunden pro Woche mehr arbeiten. Gerade die Lehrer sind jetzt schon im Vergleich zu anderen österreichischen Beamtengruppen besonders überarbeitet.
salamiNEWS: Herr Neugebauer, da muss ein Missverständnis vorliegen. Die Lehrer sollen ja gar nicht mehr arbeiten, sondern lediglich einen Teil ihrer Arbeitszeit anders zubringen. Das wäre für normalsterbliche Angestellte in jedem Unternehmen ein zweiminütiges Gespräch mit dem Chef?
Neugebauer: Wir sind nicht normalsterblich. Man darf nicht vergessen, dass auch Lehrer Beamte sind. Außerdem muss jede Unterrichtsstunde ein Stunde vor- und ein Stunde nachbereitet werden.
salamiNEWS: Ja, aber das hieße bei bisher 20 Stunden Unterrichtszeit, dass die Lehrer heute schon 60 Stunden pro Woche arbeiten. Das kann doch nicht stimmen?
Neugebauer: Ich weiß nicht, wie Sie das rechnen. Fakt ist, diese Vor- und Nachbereitungszeit ist unbedingt notwendig.
salamiNEWS: Aber reicht nicht auch etwas weniger Vorbereitungszeit, da sich die Lehrpläne ja auch nicht jedes Jahr ändern, also sich die einzelnen Unterrichtsstunden bis zu einem gewissen Grad gleichen müssten. Außerdem, wenn jede Unterreichtseinheit vollkommen neu vorbereitet würde, dann müssten ja beispielsweise Volksschüler nach vier Jahren völlig unterschiedliche Wissensstände haben – außer die 25, die in der gleichen Klasse waren?
Neugebauer: Werden Sie nicht polemisch! Es ist so, wie ich es sage. Es geht um die Qualität des Unterrichts im internationalen Vergleich!
salamiNEWS: Ja, aber international sind 22 Unterrichtsstunden bei 40 Stunden Wochenarbeitszeit nichts Ungewöhnliches. Außerdem haben wir ja in der Pisa-Studie auch nicht so viel besser abgeschnitten, als andere vergleichbare Länder. Wie erklären Sie sich das?
Neugebauer: Ich erkläre mir grundsätzlich gar nichts! Wer nicht mit uns, also der Gewerkschaft, redet und das tut, was wir vorschlagen, muss eben mit gewerkschaftlichen Maßnahmen rechnen.
salamiNEWS: Heißt das unter Umständen auch Arbeitsniederlegung, also Streik?
Neugebauer: Sie müssen das Wort „Arbeitsniederlegung” gar nicht so süffisant betonen! Ja das kann auch Streik bedeuten.
salamiNEWS: Wird es bei fünf Wochen Urlaub und bis zu acht Wochen zusätzlicher unterrichtsfreier Zeit pro Jahr nicht recht schwierig, den richtigen Zeitpunkg für einen Streik festzulegen?
Neugebauer: Junger Mann, führen Sie ein anständiges Interview! Wenn Sie witzig werden wollen, ist das Gespräch sehr schnell beendet.
salamiNEWS: Sorry, völlig andere Frage: Sind Sie sicher, dass die Mehrheit der Lehrer hinter Ihnen steht? Wir haben mit Lehrern gesprochen, die kein Problem mit mehr Unterrichtsstunden hätten.
Neugebauer: Die Namen dieser Leute können Sie beim Hinausgehen meiner Sekretärin geben. Wir kümmern uns darum.
salamiNEWS: Aber auch der Finanzminister hatte offensichtlich bei den Budgetverhandlungen mit der Unterrichtsministerin signalisiert, dass er die Maßnahme billige. Das sei auch so protokolliert?
Neugebauer: Das ist mir wurscht, was der Pröll protokollieren lässt. Mit uns, und damit meine ich AUCH die ÖVP, wird´s das nicht spielen.
salamiNEWS: Aber Vizekanzler und Finanzminister Erwin Pröll ist doch der ÖVP-Parteichef?
Neugebauer: Ja. Und weiter?
salamiNEWS: Und Sie lassen nicht mit sich reden?
Neugebauer: Reden schon. Aber am Schluss bleibt alles, wie es war.
salamiNEWS: Herr Präsident, danke für dieses Gespräch.
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Originally posted 2009-02-26 21:30:50.