VP-Finanzminister Molterer: „Wenn ich Scheiße rede, dann offen, ehrlich und immer wieder!“
18. Oktober 2012 | Von Niko Formanek | Kategorie: Exklusivinterviews , Politik
Finanzminister Molterer zeigt sich im Exklusivinterview mit
MeinEURO.at
überzeugt, dass das von der Regierung zur Verfügung gestellte 15 Milliarden Beatmungspaket für die österreichischen Banken ausreichen wird. Sicherheitshalber gebe es noch einen Polster von bis zu 75 Milliarden Euro Steuergeldern, der den Banken noch zur Verfügung gestellt werden könnte. Angesichts der herausragenden Leistungen der politischen und finanztechnischen Verantwortungsträger in Österreich, versichert Molterer, dass dieses Geld wohl kaum in Anspruch genommen werde.
MeinEURO.at: Bevor wir zum eigentlichen Thema – der Finanzkrise – kommen, noch eine kurze Frage zum vergangenen Wahlkampf. Da gab es von der ÖVP ein Plakat mit dem Text: “Volle Härte bei Kindesmißbrauch!” Was viele nicht verstehen: ist es wirklich nötig, wenn man Kinder schon mißbraucht, dies auch noch mit voler Härte zu tun?
Molterer: Mit aller Deutlichkeit und ohne Tarnen und Täuschen. Wenn das Interview schon so los geht, dann wird das kein langes Gespräch.
MeinEURO.at: Gut, war ja nur ein Versuch. Herr Finanzminister, vor kurzem haben sie der Bevölkerung versichert, dass österreichische Banken durch die internationale Finanzkrise keine Probleme bekommen werden. Ist das auch heute noch ihre Meinung.
Molterer: Also, ich werde da jetzt ganz offen und sehr ehrlich antworten: Ja!
MeinEURO.at: Aber was sagen sie dann zu den Fällen Constantia, Kommunalkredit, Erste Bank und alle anderen Institute, die jetzt doch auf Hilf durch Steuergeld angewiesen sind?
Molterer: Ganz klar und deutlich: Nix!
MeinEURO.at: Aber sie müssen was sagen. Zuerst sagen sie die Banken sind sicher, dann brauchen die alle Geld? Da können sie nicht einfach „Nix“ sagen?
Molterer: Also gut, und ich will da jetzt ganz ehrlich sein und die Dinge beim Namen nennen: die österreichischen Banken sind sicher, weil wir Politiker dafür sorgen dass alle Management-Verrücktheiten vom Steuerzahler ausgebügelt und finanziert werden. Das Vertrauen der Steuerzahler in die Tatsache, dass wir Politiker sie dazu zwingen werden jeden Scheiß gerade zu biegen, ist und muss grenzenlos sein. Das nenne ich eine vertrauensbildende Maßnahme für die Banken.
MeinEURO.at: Für die Banken? Sollte nicht das Vertrauen der Bevölkerung in die Banken gestärkt werden?
Molterer: Keineswegs! Viel wichtiger war, dass die Banken das Vertrauen in die Politik nicht verlieren. Wir garantieren mit unserer Macht Steuern und Abgaben zu erhöhen, dass die Banken immer ihr Geld bekommen. Und das ist wichtig, denn wer soll in Zukunft die Demokratie in Österreich finanzieren, wenn nicht die Banken, in dem sie weiterhin unsere Parteipublikationen, Vorfeldorganisationen und obskuren Vereine wie z.B. die Industriellenvereinigung großzügig unterstützen? Warum glauben Sie denn, gibt es keine Bedingungen für Banken, die die Steuerkredite in Anspruch nehmen? Würden wir das so wie in Deutschland machen, gebe es bald nur mehr Leberkässemmeln und Wasser bei Wirtschaftsbund-, Gewerkschafts- und Kammerevents statt Lachsbrötchen und Champagner.
MeinEUR.at: Und was hat der Bürger, der das ja alles finanziert, davon?
Molterer: Ungeheuer viel: eine gelebte Demokratie, ein international bewundertes System – die Sozialpartnerschaft – und ein schönes Österreich. Und alles das für schlappe 100 Milliarden. Und Geld spart sich der Bürger dabei auch noch: all das Geld, dass z.B. über die Raiffeisen, die Erste Bank, die PSK – ach warum kleckern wenn man klotzen kann – von fast allen Banken und Versicherungen an die österreichischen Parteien und Politkern verschoben wird, müssen die Bürger nicht direkt selbst bezahlen. Da werden sie Dank uns Politikern nur indirekt zur Kasse gebeten wie z.B. durch Kontoführungsgebührung, Durchführungsgebühren und Öffnungszeitengebühren. Oft sind die einfachen Menschen im Land wirklich unvernünftig, wie man jetzt bei der Erhöhung der Klubförderung für die Parteien gesehen hat. Die ( die Bürger, Anm. Red. ) wollen immer tolle Politiker, Parteien und eine coole Demokratie aber zahlen wollen sie nicht dafür.
MeinEURO.at: Sie garantieren jetzt also, dass die Steuerzahler am Ende der Krise nicht zum Handkuss kommen.
Molterer: Natürlich, wie immer auch offen und ehrlich. Alle meine Wahlversprechen habe ich auch immer gehalten. Schauen Sie, der Rothensteiner ( RZB-Chef, Anm. Red. ), hat ja gesagt: Sofern die Welt nicht untergeht, blecht der Steuerzahler nicht. Zugegeben, fairer weise müsste man sagen: blecht er nicht schon wieder. Aber was er meint: Wenn die Welt der Banker nicht untergeht – dass heißt wenn es weiter Millionen für Vorstände ohne Leistung, Privilegien, Privatjets, etc. gibt – werden wir dafür nicht die Steuerzahler wieder in die Pflicht nehmen.
MeinEURO.at: Danke für die offenen, ehrlichen und klaren Antworten Herr Minister.
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Originally posted 2008-11-01 14:06:33.